Es wird niemanden überraschen, dass das Weihnachtsgeschäft auch für den E-Commerce einer der wichtigsten Umsatztreiber des Jahres ist: Jeder zweite Verbraucher kauft seine Geschenke teilweise oder ausschließlich online. Dadurch beschert die Weihnachtszeit dem Online-Handel gut ein Viertel des gesamten Jahresumsatzes. Aber wie gehen Verbraucher bei der Suche nach Geschenken vor? Während wir uns früher beim Bummeln in der Fußgängerzone von festlich geschmückten Schaufenstern haben leiten lassen, beginnt online die vorweihnachtliche Customer Journey in der Regel mit einer Suchanfrage. Also mal wieder Google, oder?

Mehr Suchanfragen als bei Google

Nein, ganz so einfach ist es nicht. Schon 2014 wusste der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt, dass der größte Konkurrent des Tech-Giganten im Suchmaschinenbereich nicht Yahoo oder Bing, sondern Amazon ist. Zwar dominiert Google deutlich den Suchmaschinen-Markt mit neun von zehn Suchanfragen. Wenn es aber im Speziellen um Produktsuchen geht, hat Amazon längst die Pole Position übernommen: In Deutschland laufen bereits 54 % aller transaktionsgetriebenen Suchanfragen bei dem Versandhändler auf. Laut dieser Studie liegt die Conversion-Rate von Amazon bei beeindruckenden 13 %, unter Prime-Nutzern sogar bei sagenhaften 74 %. Glaubt man diesen Zahlen, wird deutlich, dass ein immens großer Anteil an Produktsuchen direkt zu einem Kauf auf Amazon führt, ohne, dass vorher auf Google oder andere Konkurrenten ausgewichen wird.

Amazon hat es geschafft, im E-Commerce neue Maßstäbe zu setzen. Immer mehr geht der Verbraucher davon aus, dass er bei Amazon sowieso den besten Preis fände. Auch bei dem schnellen und kostenlosen Versand sowie der kundenfreundlichen Rückgabemöglichkeit sieht er Amazon vorne. Mit einem Marktanteil in Deutschland von 61 % kann der Internetgigant außerdem die Richtung vorgeben: Die Nutzer gewöhnen sich an Vorzüge wie den kostenlosen Versand oder unkomplizierte Rückgaben und erwarten diese dann auch von anderen Shops. Diesen bleibt dann nichts anderes übrig als mitzuziehen.

Konkret werden die Deutschen in diesem Jahr 68 Milliarden Euro für Einkäufe im Internet ausgeben – das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr. Dieses Jahr sind es laut Ernst & Young 281 Euro, die jeder Deutsche im Durchschnitt für Geschenke zu Weihnachten ausgeben wird. Zu den beliebtesten Kategorien zählen dabei Gutscheine, Bücher und E-Books, Spielwaren und Kleidung (siehe Grafik). Alles Produkte, die auch Amazon im Sortiment hat.

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Die beliebtesten Geschenke der Deutschen findet man auch bei Amazon. Bildquelle: statista.com

Diese Auswirkungen hat die Dominanz von Amazon

Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf die verschiedensten Bereiche. Da wäre zum Beispiel der Paketversand: Seit 2010 hat sich die Zahl der in Deutschland versendeten Pakete verdoppelt, wovon ein großer Teil dem Weihnachtsgeschäft zuzurechnen ist. Auch hier ist Amazon zu einem großen Player geworden, dessen Marktmacht auch nicht vor der Deutschen Post Halt macht: Bereits 40 Millionen Euro Umsatz gehen DHL in diesem Jahr verloren, weil Amazon Logistics immer mehr Pakete in Eigenregie verschickt und eigene Paketautomaten installiert. Die Deutsche Post rechnet damit, dass dieser Verlust auf 115 Millionen Euro in 2022 weiter ansteigen wird.

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Die Zahl der in Deutschland über DHL verschickten Pakete hat sich seit 2010 verdoppelt. Bildquelle: statista.de

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DHL rechnet mit 115 Millionen Euro Verlust in 2022 durch Amazons Vorstoß in den Paketversand. Bildquelle: statista.com

Auch auf die Sichtbarkeit der Produkte hat diese Entwicklung Auswirkungen. So verschiebt sich das Verhältnis zwischen organischen und bezahlten Suchergebnissen auf Amazon zunehmend in den Bereich der bezahlten Werbeplätze. Als Folge muss immer mehr Werbebudget eingeplant werden, um bei steigenden Klickpreisen auf Amazon noch gefunden zu werden.

Screenshot Amazon

Sogar die Eigenmarke des Versandhändlers, AmazonBasics, wird über die bezahlten Werbeplätze als Sponsored Product ausgespielt und agiert hier als der größte Preistreiber. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt… Bildquelle: Amazon.de

Unser Tipp: Trotz der steigenden Bedeutung von bezahlter Werbung auf Amazon, solltest du nicht die organische Optimierung außer Acht lassen.

  • Passe Titel, Bullet Points sowie Bilder thematisch an die Suchanfragen an.
  • Mache dabei deutlich, dass es sich bei deinen Produkten um geeignete Weihnachtsgeschenke handelt.
  • Überlege aber auch, ob deine Produkte wirklich unter einen Tannenbaum passen: Eine zu unnatürliche Herleitung zum Weihnachtsgeschäft kann sich auch negativ auswirken.
  • Auch solltest du unbedingt deine Lagerbestände im Blick behalten; vor allem, wenn du Prime-Versand anbietest. Sollten Produkte nicht mehr lieferbar sein, droht der Verlust von organischer Sichtbarkeit und Anzeigen werden nicht mehr ausgespielt.
  • Eventuell macht es für dich Sinn, für deine Topseller-Produkte einen Backup-Plan anzulegen, indem du die Produkte sowohl als Prime-Produkt, als auch als Fullfilment by Merchant-Produkt im System hinterlegst. Wenn du möchtest, sind unsere Kollegen aus dem Marketplace Marketing dir gerne dabei behilflich.

Auch bei Rückgaben gibt Amazon die Richtung vor und zwingt Marktplatzhändler, sich ihnen zu beugen. Die bei Amazon sowieso schon auf 30 Tage verlängerte Rückgabefrist wird zu Weihnachten zusätzlich erhöht: So können Produkte, die zwischen dem 1. November und dem 31. Dezember 2019 gekauft werden bis zum 31. Januar 2020 zurückgegeben werden. Bisher gilt dies zwar nur für Produkte, die von Amazon selbst verkauft und/oder mit Prime versendet werden. Aber Händler sollten sich trotzdem dessen bewusst sein, da dies erheblichen Einfluss auf die Verkaufszahlen haben könnte.

Ähnlich verhält es sich beim Black Friday und der von Amazon initiierten Cyber Week, die bei Amazon gerade traditionell die Vorweihnachtszeit eingeläutet hat. Obwohl die Mehrzahl der deutschen Händler gerne auf den Black Friday verzichten würden, blieb ihnen auch dieses Jahr nichts anderes übrig, als mit Sonderrabatten mitzuziehen. Tatsächlich dienen diese, durch Amazon autorisierten Angebote, oft nur dazu, die Verkaufszahlen zu erhöhen; der Gewinn steigt aufgrund der fälligen Gebühren nur selten. Kalkuliere also vorher genau durch, ob sich eine Teilnahme hier für dich rechnet. Auch ohne einen Sonderrabatt kann es sich lohnen, eigene Werbemaßnahmen zu ergreifen, da während der Cyber Week auf jeden Fall ein erhöhtes Suchvolumen auf Amazon zu verzeichnen ist. Mehr dazu in unserem Blogartikel: Black Friday Online-Marketing: so schreibt auch dein Shop schwarze Zahlen!

So könnte Amazon seine Marktmacht in Zukunft noch weiter ausbauen

Es ist natürlich schwer vorherzusehen, wie sich die Situation im deutschen E-Commerce in den nächsten Jahren entwickeln wird. Jedoch gibt es bereits einige Hinweise darauf, wo es für den Giganten aus Seattle hingehen könnte. Beispielsweise stößt Amazon in neue Märkte vor: So hat der Versandhandel 2018 die Internet-Apotheke PillPack übernommen. Auch sind immer mehr Versandapotheken bereits auf Amazon aktiv. Laut einer Umfrage von Apokix fordern 94 % der befragten Apotheker, den Verkauf von OTC-Medikamenten über Amazon zu verbieten. Gleichermaßen gehen aber auch 83 % davon aus, dass die Relevanz von Amazon im Gesundheitsbereich in den nächsten zwei Jahren stark zunehmen wird. Zwar sieht man eine erhöhte Gefahr für Fälschungen, glaubt aber, dass die Kunden sich sehr schnell an den Kauf von Medikamenten über Amazon gewöhnen werden, da sie mit der Plattform sowieso schon vertraut sind. Gleichermaßen könnte Amazon sein Disruptionspotenzial bald auch in der Spielzeugindustrie ausspielen. Hier investiert Amazon seit Monaten zunehmend. Es wäre durchaus denkbar, dass sich das Weihnachtsgeschäft dadurch in Zukunft noch weiter verzerren könnte.

Auch soll bald der Amazon Day nach Deutschland kommen. Bei dieser neuen Versandoption, die in den USA bereits vor einigen Monaten eingeführt wurde, werden alle Bestellungen einer Woche gebündelt an einem bestimmten Tag zugestellt. Das verbessert die Klimabilanz, senkt die Kosten und reduziert das ständige Abholen der Pakete beim Nachbarn. Eine andere Innovation ist das „Dash-Shelf“: Ein Regal, bei dem eine integrierte Waage erkennt, wenn ein bestimmter Alltagsartikel unter ein festgelegtes Gewicht fällt, um dann automatisch bei Amazon nachzubestellen.

All diese Entwicklungen erwecken den Eindruck, dass Amazon kaum noch aufzuhalten ist. Interessanterweise kam der „Future Shopper“-Report jetzt allerdings zu einem anderen Ergebnis: Gerade die jüngeren Verbraucher zwischen 16 und 24 Jahren gaben an, dass Amazon nicht das beste Einkaufserlebnis bietet. Die Generation Z legt deutlich mehr Wert auf die Ethik einer Marke als ältere Konsumenten. Aufgrund von Negativ-Schlagzeilen zum Umgang mit Mitarbeitern und Datenschutz kann Amazon hier offensichtlich nicht überzeugen.

Die Bedeutung von Amazon wird aber wahrscheinlich trotzdem weiter zunehmen. Durch seine Marktmacht und das Potenzial, für viele Industrien neue Maßstäbe zu setzen, prägt der Internetgigant aus Seattle nicht nur das Weihnachtsgeschäft. Andere Versandhäuser haben keine andere Möglichkeit, als bei Zuverlässigkeit und Komfort mitzuziehen. Google sieht sich mit einem sinkenden Anteil an Produktsuchanfragen konfrontiert und muss mit Google Shopping dagegenhalten. Und als Händler auf Amazon wird es immer wichtiger, auch Werbebudget für Amazon Ads in die Hand zu nehmen und Artikel für die organischen Suchergebnisse zu optimieren. Gerne sind wir dir dabei behilflich.

 

Florian

 

Aamazon-Unterstützung Onlinemarketing

 

 

Bildquelle Titelbild: web-netz