Am 28. Januar ist Europäischer Datenschutztag. Laut dem Europarat ist es Ziel des Tages, die Bürger Europas für das Thema Datenschutz zu sensibilisieren. Bei der Aufregung um die Corona-Warn-App in 2020, die jüngste Datenschutzänderung von WhatsApp und den Hype von Clubhouse darf die Frage gestellt werden: Wie wichtig ist uns Datenschutz eigentlich wirklich? Dazu haben wir die vier Beispiele unter die Lupe genommen.

Beispiel 1: Corona Warn-App – schwierige Kontaktverfolgung

Beim Thema Datenschutz gingen im vergangenen Jahr die Meinungen vor allem bezüglich einer App auseinander: der Corona Warn-App. Ihre Aufgabe soll es sein, die Kontaktverfolgung infizierter Personen über den Austausch von Codes zwischen Smartphones via Bluetooth zu erleichtern. Mittlerweile muss man konstatieren: Zwar hat die App die gewünschten Downloads erreicht (ca. 25 Mio., Januar 2021), die Kontaktverfolgung erweist sich allerdings als schwierig.

Schließlich werden – aus Datenschutzgründen – lediglich Kontakte und deren ungefähre Dauer ermittelt. Wann und wo diese stattgefunden haben? Das verraten die Codes nicht. Dabei würde Geo-Tracking, das von der Politik abgelehnt wurde, die Nachverfolgung erleichtern. Schließlich wüsste man, wo die so genannten Cluster entstehen und könnte diese durch regionale Beschränkungen eingrenzen. Und, by the way, Google Maps darf ja auch unseren Standort nutzen, oder?

Mit dem Kontakt-Tagebuch wurde die App Ende Dezember 2020 um eine Funktion erweitert. Die Kontakte müssen manuell ins Tagebuch eingetippt werden. Nur auf Wunsch des Users werden sie ans Gesundheitsamt übermittelt. Wie viel Wert diese Kontakte haben? Fraglich. Schließlich dürften sich beim Gesundheitsamt Fragen ergeben: Wer sind eigentlich Emilia, Elias, Kjell, Oscar oder Noah? Wesentlich einfacher wäre es, der App Zugriff auf unsere Kontakte zu gewähren – Vorname, Zuname, Telefonnummer wären sofort übermittelt. Das lassen wir bei nahezu jedem Messenger zu und neuerdings auch bei Clubhouse.

Versteckt im unteren Teil der App: das Kontakt-Tagebuch.
Bildnachweis: Screenshot Corona Warn-App

Beispiel 2: Clubhouse – Zugriff auf alle Kontakte gegen Invites

Wobei wir beim nächsten Punkt wären: Was Politikern bei der einen App wichtig ist und offenbar über dem im Grundgesetz verankerten Schutz der Gesundheit steht (vgl. Artikel 2 GG), ist bei der Hype-App Clubhouse geradezu en vogue: Kontakte teilen. Wer der App Zugriff auf sein Kontaktbuch gibt, erhält die Möglichkeit, weitere Kontakte einzuladen. Gesagt, getan, hereinspaziert: So luden hochrangige Politiker wie Christian Lindner, Carsten Ramelow oder Dorothee Bär ihre Kontakte hoch. Dass Clubhouse Gespräche mitschneidet (um Beschwerden oder Vergehen zu dokumentieren), die Datenschutzerklärung intransparent ist (Wofür werden Daten gesammelt?) und die Daten auf irgendeinem US-Server landen (hallo, DSGVO?) – egal, dabei sein ist alles!

Update vom 28. Januar 2021: Vom Verbraucherzentrale Bundesverband hat Clubhouse eine Abmahnung erhalten. Verbandschef Klaus Müller beanstandete „gravierende Mängel beim Datenschutz“, die nur auf Englisch verfügbaren AGB und das Fehlen eines Impressums. Bei einer Weigerung der App-Betreiber Können eine Klage sowie ein Bußgeld die Folge sein.

Beispiel 3: WhatsApp – Aufregung über Änderung der Datenschutzbestimmungen 

Apropos Messenger & Kontakte: Eine Woche bevor der Clubhouse-Hype uns hierzulande erreicht hat, gab es noch einen mächtigen Aufreger im Netz: WhatsApp ändert seine Datenschutzbestimmungen! Zunächst zum 8. Februar, mittlerweile zum 15. Mai. Wer bis dahin nicht zugestimmt hat, kann den Dienst nicht mehr nutzen. Das ist zwar bei jeder App so, aber da WhatsApp zu Facebook gehört und Facebook per se böse ist, wird man sich ja wohl noch einmal mehr aufregen dürfen!

Was WhatsApp überabeitet hat? Dass der Messenger und andere Facebook-Dienste bestimmte Informationen austauschen, „um die Sicherheit und Integrität aller Produkte von Facebook-Unternehmen zu fördern“. Das ist gleichbedeutend mit der Bekämpfung von SPAM und Missbrauch des Dienstes. Dem wütenden Twitter-Volk ist das aber egal. Das hat eh nur die Schlagzeile gelesen. Darüber hinaus stellt WhatsApp im Sinne der DSGVO sogar klar: „Keine der Informationen, die WhatsApp auf dieser Grundlage weitergibt, dürfen für die eigenen Zwecke der Facebook-Unternehmen verwendet werden.“ Das passt natürlich nicht zur allgemeinen Stimmungslage gegenüber dem Facebook-Konzern.

Info-Grafik von WhatsApp zum Datenschutz
Bildnachweis: Screenshot @whatsapp bei Twitter, 12.01.2021

In der Folge schnellten die Downloads von alternativen Messengern wie Signal (gilt als sicher) und Telegram hoch. Letzterer wurde von zwei russischen Entwicklern gegründet, das Team sitzt angeblich in Dubai und wo die Server stehen – interessiert nicht, solange es nicht WhatsApp ist. Dass die App darüber hinaus Verschwörungstheoretiker anzieht wie Fliegen das Licht, weil die Nutzungsbedingungen hate speech oder gar Volksverhetzung nicht ausschließen – mal wieder: egal.

Beispiel 4: Apple vs. Facebook: Wieso Unternehmen in die Röhre schauen

Last, but not least schauen wir uns den Datenschutz aus Unternehmenssicht am Beispiel Apple vs. Facebook an. Apple hat eine Änderung an iOS 14 angekündigt, nach der ein kleines Pop-up-Fenster die User:innen fragt, ob eine App wie Facebook Daten sammeln darf. Bei Ablehnung erfolgt kein Tracking der Daten. Natürlich ist diese Maßnahme auf der einen Seite absolut nutzerorientiert: Das standardmäßige Tracken durch Cookies wird dadurch abgestellt. Auf der anderen Seite fehlen Unternehmen künftig Daten, um Anzeigen auf Facebook an die richtige Zielgruppe ausspielen zu können.

Das hat auch Folgen für die User Experience. Denn, wer einer App das Tracking untersagt, erhält dennoch Werbung: Nur nicht für die durch Daten erhobenen Interessen, sondern für Produkte, mit denen der/die User:in vielleicht gar nichts anfangen kann. In meinem Fall hieße das vielleicht Tierfutter statt Gitarren – na, schönen Dank! Unternehmen haben das Nachsehen, indem sich das geplante Mediabudget weitaus weniger zielgerichtet einsetzen lässt. Natürlich gibt es auch dafür Lösungen, wie das Targeting von Seiteninteraktionen (Page Engagement), auf die wir in einem unserer nächsten Blogs eingehen werden.

Mein Fazit

Es macht den Anschein, dass uns Datenschutz immer so wichtig ist, wie es uns gerade passt. Bei der Corona Warn-App haben wir so gut wie keine Wahl, welche Daten weitergegeben werden. Jede andere App wird mehr Daten sammeln als die Anwendung, die unsere Gesundheit schützen soll und vom größten deutschen Softwareunternehmens SAP und der Telekom im Auftrag der Bundesregierung entwickelt wurde.

Geht es aber um Kommunikation, Entertainment oder (Eigen-)Marketing, spielt Datenschutz für uns keine Rolle. Auf Clubhouse wollen wir ebenso wenig verzichten wie auf einen Messenger. Nur handeln wir bei Letzterem dennoch anders, wenn er aus dem Hause Facebook kommt. Für Unternehmen könnte das Opt-In ab iOS 14 zur Crux werden, indem weniger Daten erfasst werden können.

Dabei gibt es bereits Lösungen, mit denen wir selbst entscheiden können, wer unsere Daten erhalten darf und wer nicht. Die Nutzung eines Inkognito-Modus (hat jeder Browser) verhindert Tracking durch Cookies. Außerdem sind Unternehmen verpflichtet, auf ihren Websites Cookie-Banner einzusetzen. Und über diese Lösung haben alle User:innen selbst in der Hand, was ihnen Datenschutz wert ist.

Wie wichtig ist dir Datenschutz? Sag uns deine Meinung in den Kommentaren unten oder via LinkedIn & Facebook.

Jens


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