Analysiert von Laura Sellhorn & Christina Sänger

2022 neigt sich dem Ende und wir blicken auf ein herausforderndes Jahr zurück. Die weiter anhaltende Pandemie, Lieferketten-Problematiken, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise sowie spürbare Auswirkungen der Inflation an der Supermarktkasse wirken auf Verbraucher, Unternehmen, Werbetreibende und auch die großen Marketing-Plattformen. Da wird auch das kommende Jahr weitere Herausforderungen mit sich bringen. Doch anstatt in Pessimismus zu versinken, gilt es, sich den Herausforderungen zu stellen. Resilienz ist das Wort der Stunde: Unternehmen und Unternehmer sollten spätestens jetzt einen Weg finden, indem sie die Krise als Chance betrachten, vorhandene Pfade zu hinterfragen und zu prüfen, welche Potenziale Veränderungen am Markt oder dem Werbeumfeld sowie Trends beinhalten. Diese Potenziale prüfen wir für unsere Kunden regelmäßig im Rahmen von strategischen Audits und Workshops. Im Rahmen dieses Blogartikels möchten wir euch einige unterschiedliche Trends und Veränderungen mit Einfluss auf das digitale Marketing sowie deren Potenziale kurz erläutern, damit ihr für euch prüfen könnt, ob ihr gut auf das Jahr 2023 vorbereitet seid.

Eine Studie der Harvard Business School, die drei globale Rezessionen untersucht hat, verdeutlicht, wie wichtig eine gute Balance zwischen Kostensenkung und Investitionsbereitschaft ist, um die Rezession nicht nur zu überstehen, sondern aus dieser gestärkt hervorzugehen.

Companies that master the delicate balance between cutting costs to survive today and investing to grow tomorrow do well after a recession.”- Studie Roaring Out of recession, Harvard Business School

Kosten sollten selektiv zur betrieblichen Effizienzsteigerung und zum kurzfristigen Überleben gesenkt werden. Beziehen wir diese selektive Kostensenkung zur Effizienzsteigerung auf das Online-Marketing, kann z.B.

  • die Qualität der Leadgenerierung auf den Prüfstand gestellt werden und
  • der Beitrag der einzelnen Kanäle identifiziert und
  • fokussiert in die Top-Performer investiert werden.

Demgegenüber kurbeln zukunftsträchtige Investitionen ein langfristiges Unternehmenswachstum an. Für die digitale Vermarktung ergeben sich dabei Potenziale durch eine enge Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse.

Hybride Marketing-Lösungen: Online kaufen, im Shop abholen

Als Gegentrend zur immer weiter fortschreitenden Digitalisierung wird in den letzten Monaten eine Rückbesinnung auf das analoge und lokale Umfeld deutlich. Für Unternehmer werden daher möglichst flexible und hybride Marketing-Lösungen immer relevanter. So erfreut sich die Option “Buy Online, Pickup in Store” bei Konsumenten immer größerer Beliebtheit. Darüber hinaus trägt diese Möglichkeit zur Reduktion der Versandkosten bei und ermöglicht eine persönliche Beziehung zum Kunden.

Local SEO

Um von der Nähe zum Kunden profitieren zu können, müssen Unternehmen in einem ersten Schritt mit Hilfe von Local SEO die Sichtbarkeit zu Suchanfragen mit lokalem Bezug erhöhen und Rankings in den lokalen Suchergebnissen aufbauen. Zusätzlich zur Optimierung der Website können auch (hyper-)lokale Kampagnen genutzt werden, damit die Verbindung zwischen analogem und digitalem Kaufverhalten gestärkt und die Relevanz der Werbebotschaft bei der lokalen Zielgruppe gesteigert wird. 

Haltung von Unternehmen beeinflusst Kaufentscheidungen

Neben der Rückbesinnung auf das lokale Umfeld nimmt auch die gesellschaftspolitische Haltung von Unternehmen eine wichtige Rolle im Kaufentscheidungsprozess ein. Dabei ist es wichtiger als je zuvor, dass die soziale und ökologische Verantwortung in allen Bereichen des Unternehmens eingebunden und eine messbare Nachhaltigkeit erzielt wird. Dabei ist die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereich Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) kurz ESG mehr als nur eine Marketingkampagne, häufig müssen Unternehmensstrukturen grundlegend umgestellt werden.

Selfie nein Danke und Social Chat statt Telefon: Social Media Trends unter der Lupe

Die Relevanz von Social Media in der ganzheitlichen Marketingstrategie wird immer bedeutender: Die Nutzerzahlen steigen und immer mehr Unternehmen haben sich auch außerhalb des Business-Netzwerkes LinkedIn im klassischen Social Media ein Profil angelegt. Die Zahlen auf Instagram verdeutlichen den Schritt: Jede dritte Story stammt von Unternehmen, weltweit gibt es über 25 Millionen Unternehmensprofile und 200 Millionen Instagrammer besuchen täglich mindestens ein Unternehmensprofil.

TikTok gewinnt für Marketer zunehmend an Bedeutung

Seit 2018 wurde die TikTok App weltweit vier Milliarden Mal heruntergeladen und führt damit das Ranking der Social Media Apps an.

  • Nach dem Download wird die App von 30% der User täglich geöffnet.
  • Etwa 23% nutzen TikTok, um von neuen Produkten zu erfahren.
  • Weitere 20% informieren sich bei TikTok über Brands.
Grafik zeigt den Erfolg von Tiktok. Seit 2018 wurde die App ungefähr 4 Milliarden Mal heruntergeladen.
Grafik: Sensor Tower, via @MattNavarra, Twitter

Wer jetzt Social Media noch nicht in die eigene Strategie integriert hat, sollte dies schleunigst nachholen! So schnell der Markt und die Nutzer auf Social Media wachsen, so schnell tauchen auch Trends und neue Apps auf dem Markt auf. Einige davon kennt ihr sicherlich, andere vielleicht noch nicht:

  1. BeReal

BeReal ist in aller Munde. Die französisch App erschien 2020 und will “deine Freunde in echt” zeigen. Die App schickt zu einer beliebigen Tageszeit eine Aufforderung, ein BeReal bzw. ein Foto hochzuladen. Dafür haben die Nutzer zwei Minuten Zeit. Die Entwickler der App wollen mehr Realität schaffen, indem keine langen Bearbeitungen möglich sind – der Nutzer soll spontan ein Foto schießen, hochladen und nicht lange am Bild experimentieren. Das Besondere dabei: es werden Vorder- und Rückkamera gleichzeitig verwendet und eine Vorschau des BeReals gibt es nicht. Es geht also bei BeReal um Authentizität und diese können auch Marken zeigen, zum Beispiel durch echte Einblicke ins Unternehmen und den Alltag des Teams.

  1. Poparazzi

Diese App gibt es seit Mai 2021 auf dem Markt und ist ein Gegentrend zu Instagram. Während Nutzer bei Instagram ganz genau aussuchen können, wie sie sich darstellen und nicht wenige zu Filtern und anderen Bearbeitungsmethoden greifen, um sich in möglichst bestem Licht darzustellen, können auf Poparazzi nur Freunde den eigenen Feed befüllen. Die einzige Kontrolle, die Nutzer haben, ist das Zulassen von Fotos, die jemand anderes hochladen möchte. Das Einstellen eigener Selfies und Fotos ist nicht möglich, nur Freunde können den eigenen Feed befüllen.

  1. Gas

Mit Gas haben die Entwickler eine App für Schüler in den USA geschaffen. Sie soll in der teilweise sehr toxischen Social Media Welt die Nutzer aufmuntern. Hier können seit August 2022 anonym Komplimente per Multiple Choice Umfrage abgegeben werden. Dabei werden jeweils vier Namen auf Basis der besuchten Schule zur Beantwortung vorgeschlagen. Fragen, die gestellt werden können, sind beispielsweise: “Wen bewunderst du insgeheim?” Die Chance, so eine App auch für deutsche Schüler:innen zu schaffen, hat Erfinder Jannis Ringwald erkannt und das Pendant „Slay“ geschaffen, welches seit Oktober 2022 verfügbar ist.

Werbematerial der Social-Media-App Poparazzi
Der Name ist bei Poparazzi Programm.  Bildnachweis: Poparazzi

Über Tools Creators finden und Erstellung von Social Ads auslagern

Neben den Apps gibt es weitere Trends: Von User Generated Content (UGC) hat jeder sicher schon einmal gehört. Für die, die es noch nicht kennen: Hier wird die Content-Kreation für die Feeds ausgelagert an Creators, die mit den zur Verfügung gestellten Produkten einen Post oder eine Story kreieren. Somit scheint das Produkt mehr wie eine Empfehlung und nicht wie Werbung. Diese Art von Content-Auslagerung geht jetzt noch einen Schritt weiter: Neben organischen Posts, die in den Feeds bestehen bleiben, sind nun auch Ads möglich, die an Kreative abgegeben werden können.

Tools, mit denen passende Creators gefunden werden können, sind zum Beispiel Speekly oder Getnano. Neben Do’s und Don’ts, die für das Shooting angegeben werden können, können auch die Creators durch Alter, Geschlecht und weitere Beschreibungen näher eingegrenzt werden.

Doch nicht nur neue Apps und UGC erobern den Markt im Sturm, sondern auch weitere Thematiken finden Gehör und verlagern sich auf die sozialen Plattformen: Customer Care, Conversational Care und Social Commerce sind einige Beispiele dafür.

Customer Care, Conversational Care, Social Commerce und Discovery Commerce

Customer Care: Kundensupport auf Social Media

Immer mehr Menschen nutzen lieber die sozialen Medien, um mit Unternehmen in Kontakt zu treten, als das Kontaktformular auf der Website auszufüllen oder zum Telefonhörer zu greifen, um dann Ewigkeiten in der Warteschleife schlechte Musik zu hören. Somit werden traditionelle Kommunikationswege langsam durch die sozialen Medien abgelöst.

Es geht hier um mehr als “nur Community Management” – vielmehr um positive Kundenerlebnisse, die wieder als Wachstumstreiber von morgen genutzt werden können. Eine mögliche Vorgehensweise ist eine Social-Taskforce, die sich auf Social Media auch um die Kundenanfragen kümmert und präsent ist.

Conversational Care

Passend dazu schließt sich auch ein weiterer Trend an: Conversational Care. Es geht hierbei um das Zuhören der Zielgruppen und Nutzer auf Social Media. Was will meine Zielgruppe? Was braucht sie? Wo können wir uns als Unternehmen verbessern?

Social Commerce

Der dritte Trend in diesem Bunde ist der sogenannte Social Commerce. Hierunter wird der Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen in den sozialen Medien verstanden. Warum ist das sinnvoll? Nutzer bewegen sich auf Social Media in einem Freizeitraum und sind durchgehend online. Da fallen Käufe oftmals spontaner als beim bewussten Stöbern in der Suchmaschine aus.

Discovery Commerce

Im gleichen Zuge lässt sich dazu auch der Trend Discovery Commerce nennen. Der große Vorteil hier liegt an der Tatsache, dass die Produkte den Nutzer finden und nicht wie bisher der Nutzer die Produkte. Durch die vielen Angaben, die Nutzer unbewusst in den Netzwerken machen, können die Werbungen ganz detailliert an diejenigen ausgespielt werden, die thematisch zu der Werbung passen. Discovery Commerce lässt sich nicht nur in den sozialen Medien etablieren, sondern auch beispielsweise auf Google. Wer mehr zu Social Media Trends und den Apps wissen möchte, schaut doch gerne bei unserem Artikel vorbei, in dem Social Media Trends ausführlich behandelt werden.

What happens in the Metaverse?

Grafik: iStock – wacomka

Aktuell wird das Metaverse als Sammelbegriff für diverse Trends und Technologien verwendet, von virtuellen Welten und Crypto-Währung bis hin zu NFTs. Mit zunehmendem technologischem Fortschritt bietet es das Potenzial, die digitale Kommunikation auf eine neue Ebene zu heben und die Schnittstelle zwischen neuen Technologien sowie sozialer und medialer Interaktion zu bilden.

Bereits heute nutzen Unternehmen aus verschiedenen Branchen die Möglichkeiten, ihre Marken in der immersiven Welt erlebbar zu machen. So können User in Gucci Town auf der Plattform Roblox virtuelle Taschen und Accessoires der Marke erwerben.

Shopping bei Gucci / Bildnachweis: Gucci Town on Roblox

Währenddessen stellt BMW im eigenen Joytopia die Weltpremiere des neuen Modells iX1 vor. Auch Konzerte & Kultur werden zu virtuellen Erlebnissen: Künstler wie Ariana Grande, Twenty One Pilots oder Travis Scott haben mit ihren Auftritten bereits Millionen von Zuschauern angezogen.

Vorstellung des iX1 von BMW/ Bildnachweis: BMW AG 2022

Das Metaverse bietet die Möglichkeit einer individuellen, immersiven Customer Experience und passt sich so der dynamischen Entwicklung der digitalen Mediennutzung an. Auch wenn wir heute noch nicht wissen, wo die Reise hingeht: Es gibt keine einheitliche Definition genauso wenig wie “das” Metaverse. Dennoch steigen die Investitionen in die digitale Zukunft. In Kombination mit dem wachsenden Interesse der Nutzer führt dies voraussichtlich auch im kommenden Jahr zu einer rasanten Weiterentwicklung der Möglichkeiten des Metaverse-Marketings. Auch wenn es in 2023 nicht zwingend erforderlich ist, in die Umsetzung zu gehen, sollten Unternehmen sich zumindest auf strategischer Ebene Gedanken machen, welche Chancen ihnen das Metaverse bieten kann.

Cookieless Future, Cookiepocalypse oder Post-Cookie-Ära

Das Ende der Werbe-Cookies und die damit einhergehende Herausforderung für Marketeers, weiterhin relevante Daten schöpfen zu können, hat jeder in der Branche mitbekommen. Nun hat Google die Nutzung von Third Party Daten Cookies noch bis 2024 verlängert, trotzdem sollten Unternehmer sich spätestens im kommenden Jahr mit Alternativen zum Cookie-Tracking beschäftigen. Von dem verbesserten Einsatz von First Party-Daten, Login-basierten ID-Tracking-Ansätzen bis hin zu einem kontextuellen Targeting-Fokus werden unterschiedliche Alternativen in der Branche diskutiert. Einen einheitlichen technischen Standard gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht und letztendlich bleibt abzuwarten, wie sich der Markt entwickelt und welche Möglichkeiten sich zukünftig bieten.

Losgelöst von der technischen Datenerhebung sollten Unternehmen sich aber auch auf die direkte Kundenkommunikation zurückbesinnen. Mit Hilfe von Social Listening Tools lassen sich viele Insights aus der Zielgruppe generieren, wenn den eigenen Kunden denn “zugehört wird”.

Durch die ständig in Änderung befindenden Bedingungen und Deadlines lässt sich ein Fazit zum Thema Datenschutz & Cookies nicht ziehen. Fest steht jedoch, dass das Creative im Zuge der eingeschränkten datenbasierten Aussteuerung weiter an Bedeutung gewinnen wird sowie ebenfalls die Dynamisierung von Inhalten weiter voranschreitet. Denn am Ende gilt es, auch in der digitalen Welt Emotionen zu transportieren – wie eigentlich schon immer im Marketing.

Um gemeinsam ein erfolgreiches Jahr 2023 zu erleben, analysieren wir auch gerne eure Marketingstrategie und erstellen ein umfassendes, individuelles Konzept für eure digitalen Maßnahmen. Durch ausgeklügelte und aufeinander abgestimmte Marketingmaßnahmen machen wir potenzielle Kunden auf Produkte aufmerksam, emotionalisieren Marken und wandeln die Interessenten in Kunden um. Wir freuen uns auf eure Anfrage.

Einen guten Rutsch und viel Erfolg im neuen Jahr wünschen

Laura Sellhorn und Christina Sänger


Kostenlose Online-Marketing-Webinare

Wir bieten jede Woche kostenlos zwei Webinare an. Alle Themen und die nächsten Termine findet ihr auf: web-netz.de/webinare.

Moderatoren_Sven_Sinja

Bildnachweis Titelbild: alvarez/istockphoto.com