Die 18 Vereine der Fußball-Bundesliga faszinieren Woche für Woche unzählige Menschen. Auch in den sozialen Netzwerken haben sich die meisten Vereine große Communities aufgebaut. Warum die Vereine hier trotzdem weit unter ihren Potenzialen bleiben und wie sie diese in Deutschland heben können, verraten wir in unserem neuen Blog-Artikel.

69,5 Millionen Fans und trotzdem noch mehr Potenzial?

„Heute sind wir unter unseren Möglichkeiten geblieben. Wir haben unser Potenzial nicht vollständig abgerufen“, ist eine der Phrasen, die an jedem Bundesliga-Spieltag in der Mixed Zone oder auf einer Pressekonferenz in den Stadien dieses Landes ausgesprochen wird. Dabei trifft sie nicht nur auf die Verlierer eines Fußballspiels zu, sondern, soviel sei vorweggesagt, auch auf die Facebook-Aktivitäten aller 18 Clubs, die in der 1. Fußball-Bundesliga spielen. Die dort vorhandenen, aber bisher ungenutzten Potenziale nehmen wir heute genauer unter die Lupe. Natürlich nicht, ohne eine Möglichkeit aufzuzeigen, an welchen Stellschrauben jedes Unternehmen seinen Auftritt im größten sozialen Netzwerk optimieren kann!

Aktuell folgen ca. 69,5 Millionen-Fans (Stand: 04.04.2017) den 18 Vereinen der 1. Fußball-Bundesliga bei Facebook. Bei dieser unglaublichen Zahl mag dem einen oder anderen weiteres Potenzial gar nicht so wichtig erscheinen, oder? Schließlich wären das um die 3,8 Millionen Facebook-Fans pro Verein. Tatsächlich teilen fünf Vereine 63,3 Millionen Fans unter sich auf, wodurch sich der Schnitt für alle anderen drastisch verringert.

Warum sind Facebook Fans für Vereine so wertvoll?

Warum sind viele Facebook-Fans für Vereine – oder auch andere Unternehmen, die auf Facebook aktiv sind – überhaupt wertvoll?  Dafür hat BVB-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang kürzlich das beste Beispiel geliefert, und zwar nach dem Motto „Entscheidend ist auf`m Platz!“: Dort zelebrierte der 27-Jährige einen Treffer mit einer Maske seines persönlichen Ausrüsters Nike, was natürlich nicht unbedingt zur Freude des Teamausrüsters Puma war. Der beim Jubel beworbene Sportartikelhersteller aber wird sich dafür ins Fäustchen gelacht haben. Denn Aubameyang traf im Revierderby, welches allein auf Sky in Deutschland 1,6 Millionen Zuschauer live verfolgten. Anschließend füllten die Bilder seines Maskenjubels sowie dessen Hintergrund sämtliche Social Media-Kanäle und in den folgenden Stunden die Kommentarspalten im Print: Mit geringem Aufwand hatte der Hersteller der Maske in wenigen Stunden maximale Aufmerksamkeit und damit eine hohe Reichweite erlangt. Und das ohne Sponsoring-Vertrag mit dem BVB.

Die mediale Reichweite ist ein wesentlicher Vermarktungswert der Vereine gegenüber den Sponsoren. Um ihren Sponsoren eine attraktive Vermarktung zu bieten, konzentrierten sich die Clubs lange Zeit auf die Möglichkeiten der „klassischen“ Vermarktungsflächen: Trikotwerbung, (LED)-Bandenwerbung, professionelle Werbespots im Stadion oder die Vermarktung des Arenanamens sind nur einige Beispiele. Allerdings sind diese Flächen begrenzt und die damit verbundenen Potenziale nahezu erschöpft: Die Auslastung der Stadien liegt im Laufe der aktuellen Saison bei 92,9% und ist damit so hoch wie in keiner anderen Fußballiga der Welt. Die TV-Sender schaffen mit ihren Formaten und den derzeitigen Anstoßzeiten der Liga keine Reichweitensteigerungen mehr. Schließlich gelingt es den Vereinen durch ihre Offline-Maßnahmen nicht, ihre Reichweite in Form von Markenkontakten signifikant zu steigern.

Ganz anders sieht es bei den digitalen Kanälen aus: Hier sind die Möglichkeiten der Reichweiten-Generierung für Vereine schier unbegrenzt, was die Fußball-Bundesligisten langsam zu erkennen scheinen. Insbesondere am Spieltag versuchen die Vereine ihren Reichweitenanteil an den 69,5 Millionen Fans bei Facebook zu vermarkten, indem sie den Fanpage-Fans ihre Sponsoren über mehr oder weniger innovative Formate präsentieren wie den „Spieler des Tages“. Darüber hinaus ermöglichen Social Media Communities wie Facebook den Vereinen, ihre Sponsoren auch abseits der Spieltage über Beiträge in den Vordergrund zu rücken. Je größer die Community eines Vereins also ist, desto größer ist das generelle Monetarisierungspotenzial der Social Media Community durch den Verein, indem Sponsoren die mediale Reichweite offeriert werden kann.

Screenshot HSV-Facebook-Post

Vereine bieten den Sponsoren insbesondere an Spieltagen „Werbeflächen“ in sozialen Netzwerken. Bildnachweis: Screenshot von HSV Facebook-Post

Organische vs. bezahlte Reichweite

Die Sache hat allerdings einen Haken: Nicht jeder Beitrag, den ein Verein auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, wird von allen Fans der Seite gesehen. Genauer gesagt erreicht ein Beitrag nicht einmal 10% der Fans einer Seite. Der Grund hierfür liegt im Facebook-Algorithmus, der auch EdgeRank genannt wird.

Dieser wurde eingeführt, nachdem die Zahl der Nutzer auf Facebook stark angestiegen ist. Allein in Deutschland erlebte das soziale Netzwerk von 2011 bis 2012 ein starkes Wachstum von 7,5 Mio. auf 16 Mio. Nutzer. Derzeit geht man von 30 Millionen deutschen Nutzern aus, die zahlreichen Unternehmensprofilen folgen. Würde diesen jeder einzelne Beitrag der gefolgten Seiten angezeigt werden, wären das bei einem durchschnittlichen Nutzer laut offizieller Facebook-Aussage mehr als 1.500 Beiträge pro Login. Da kein Nutzer derart viele Informationen lesen kann, filtert der Algorithmus die für einen User relevanten Beiträge heraus. Facebook ist natürlich stark daran interessiert, dass jeder Nutzer die Beiträge zu sehen bekommt, die ihn tatsächlich interessieren, damit dieser viel Zeit im sozialen Netzwerk verbringt. Anders als Aubameyangs Torjubel verbreitet sich deshalb ein durchschnittlicher Facebook-Post nicht „wie von selbst“.

Zwar ist der EdgeRank mit über 100.000 Einflussfaktoren mindestens genauso komplex wie der Google-Algorithmus. Drei grundlegende Faktoren für die Sichtbarkeit eines Beitrags haben die Betreiber des sozialen Netzwerks aber offen kommuniziert: Affinität, Gewichtung und Zeit.

Die Affinität meint die „Beziehung“ zwischen einem Nutzer und einer Seite. Diese wird durch die Anzahl und die Qualität der getätigten Interaktionen mit Beiträgern einer Seite bestimmt. Zu den Interaktionen zählen Kommentare, Reaktionen (Likes sowie die weiteren „Reactions“, die Facebook anbietet) und Teilungen. Die Gewichtung meint die unterschiedlichen Interaktionen eines Users mit den Beiträgen einer Seite: Ein Like ist zwar schön, aber weniger wert als ein Kommentar, eine Teilung oder eine Markierung. Je länger eine Interaktion dauert, desto höher ist ihr Wert. Schließlich ist die Zeit oder das Timing eines Beitrags entscheidend: Hiermit ist der Zeitabstand zwischen der Veröffentlichung des Beitrags und dem letzten Login des Nutzers gemeint. Je älter ein Beitrag ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass der Nutzer ihn sieht. Allerdings stuft Facebook qualitativ hochwertigen Content entsprechend ein, weshalb auch ältere Beiträge im Newsfeed auftauchen können. Außerdem bewertet Facebook die Beziehung zwischen den Nutzern: Das, was den Freunden gefällt, mit denen ihr viel über die Plattform interagiert, könnte auch euch gefallen, oder?

Um mehr Fans der eigenen Fanpage erreichen zu können, bietet Facebook den Fanpage Betreibern unterschiedliche Optionen gegen Bezahlung an und unterscheidet deshalb zwischen organischer und bezahlter Reichweite. Die organische Reichweite beschreibt die Anzahl der Nutzer, die einen Post ohne zusätzlich monetäre Bewerbung sehen. Die bezahlte Reichweite zeigt die Anzahl der Nutzer an, die einen Post mit Bewerbung sehen. Möchte ein Verein also theoretisch mehr als die durchschnittlichen 10% der Fans seiner Fanpage erreichen, ist dies nur über die Nutzung der „bezahlten Beiträge“ möglich.

Darüber hinaus können Fußballvereine ihre Reichweite bei Facebook noch weiter erhöhen, indem sie eine Zielgruppenerweiterung durchführen: Durch spezielles Targeting ist es möglich, konkrete Zielgruppen anzusprechen und diese zu Fans der Fanpage zu transformieren. Ihr werdet überrascht sein, wie viele Fans jeder Verein alleine in Deutschland bei Facebook hinzugewinnen könnte!

Neue Fans über Bewerbung von Postings und Facebook Ads

Nachdem wir uns im vergangenen Jahr ausführlich mit dem Suchmaschinen-Potenzial der Fußballvereine auseinandergesetzt haben, untersuchen wir nun die Potenziale der 18 Bundesligisten im größten sozialen Netzwerk. Wir wollten dafür wissen, welche Vereine aktuell wie viele Fans anziehen und wie viele Facebook Fans die Clubs generieren könnten, wenn sie die sich bietenden Möglichkeiten effektiver nutzen würden. Die Ergebnisse dazu findet ihr in der nachfolgenden Tabelle.

Bundesliga-Facebook-Potenzial-Tabelle

Die Tabelle zeigt für jeden Verein der 1. Fußball-Bundesliga den Status Quo und das Potenzial bei Facebook in Deutschland: die Zahl der Facebook-Fans weltweit, die Zahl der Facebook-Fans in Deutschland sowie das Fanpotenzial in Deutschland. Sortiert sind die Vereine nach dem Wachstumspotenzial in Deutschland, das sich aus dem Verhältnis der potenziellen Fanzahl eines jeden Vereins mit der aktuellen Fanzahl ergibt. So hat der Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen mit 128.035 Facebook-Fans in Deutschland 10 Prozent des Fanpotenzials von insgesamt 1,3 Millionen Fans in Deutschland erreicht. Es wäre innerhalb Deutschlands somit ein Fanpage-Wachstum von 915,3% möglich. Tabelle: web-netz

In der Tabelle ist ersichtlich, dass alle deutschen Bundesligavereine bei Facebook über enorme Wachstumspotenziale verfügen: Insgesamt kommen alle 18 Vereine der ersten Fußballbundesliga auf 69,5 Millionen Facebook Fans – und somit z.B. nur auf 69% der Facebook Fans des FC Barcelona. Von diesen stammen insgesamt 7,9 Mio. Facebook Fans aus Deutschland – was einem Anteil von ca. 11,5% beträgt. Der FC Bayern München hat in Deutschland aktuell die höchste Facebook Fanzahl mit 2.430.775 Fans. Die niedrigste Anzahl an Facebook-Fans in Deutschland weist der FC Ingolstadt mit 44.626 Fans auf. Der Durchschnitt der 18 Vereine liegt bei 442.701 Fans.

Das ermittelte Potenzial der 18 Vereine alleine in Deutschland ist mit mehr als 22,32 Millionen Facebook-Fans insgesamt beinahe dreimal so hoch wie die aktuelle Fanzahl. Auch hier ist der Verein mit dem höchsten Fan-Potenzial der FC Bayern München, gefolgt vom BVB. Das geringste Fan-Potenzial in Deutschland zeigt wieder der FC Ingolstadt und danach der SV Darmstadt. Das durchschnittliche Fan-Potenzial der untersuchten Vereine liegt bei 1.240.000 Millionen Fans.

Um das Wachstumspotenzial der Vereine in Deutschland zu ermitteln, haben wir im nächsten Schritt die potenzielle Fanzahl eines jeden Vereins mit der aktuellen Fanzahl ins Verhältnis gesetzt und so das mögliche Wachstumspotenzial ermittelt: Das größte Wachstumspotenzial bei Facebook in Deutschland besitzen demnach Bayer 04 Leverkusen, der VfL Wolfsburg und die TSG 1899 Hoffenheim. Hier sind demnach Wachstumsraten in den Fanpage-Fanzahlen durch deutsche User von bis zu 915% möglich. Aber nicht nur die drei Vereine besitzen Wachstumsmöglichkeiten – jeder der deutschen Fußball-Bundesligisten könnte seine Fanzahl bei Facebook durch eine Zielgruppenerweiterung deutlich ausbauen. Sogar der Liga-Primus aus München könnte trotz seiner rund 42 Millionen Facebook-Fans weltweit innerhalb Deutschlands 113,9% mehr Fans gewinnen, da „nur“ ca. 2,4 Millionen der aktuellen Fans aus Deutschland stammen. Selbst der beste Verein in der Potenzialabschöpfung bei Facebook innerhalb Deutschlands, Borussia Dortmund, könnte ein Fanwachstum von 90,2% erreichen.

Wie kann das vorhandene Fanpotenzial erreicht werden?

Doch wie kommen die Potenziale zustande? Hier kommen die bezahlte Reichweite und das Targeting ins Spiel, welches in unserem Blog-Artikel Facebook Ads vs. Google AdWords bereits ausführlich beleuchtet wurde.

Jeder Facebook User teilt Facebook mit, an was er interessiert ist, indem er Fanpages liked bzw. mit diesen interagiert. Facebook generiert dadurch „Wissen“ über unsere bei Facebook gezeigten Interessen und nutzt diese Daten, um Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, Beiträge oder Anzeigen auf Facebook zielgruppengenau z.B. nach dem Alter, dem Wohnort, dem Beziehungsstatus oder Interessen auszuspielen. Das Netzwerk „merkt“ sich diese Informationen und errechnet aus ihnen die potenziellen Reichweiten, die ein Werbender unter Beachtung der angegebenen Zielgruppenkriterien bei Facebook erreichen kann.

So konnten wir über unterschiedliche Zielgruppen-Definitionen zahlreiche neue Zielgruppen-Segmente pro Verein identifizieren und darüber potenzielle Fanzahlen pro Verein ermitteln. Diese erweiterten Zielgruppen haben laut Facebook alle mindestens Interesse am Verein selbst oder aber an den Spielern des Vereins, sind aber bisher noch kein Fan der Fanpage.  Oder andersrum gefragt: Warum sollte ein Fan der Franck Ribery-Fanpage nicht auch dauerhaft Interesse an Inhalten zu Franck Ribery haben, die auf der FC Bayern Fanpage gespielt werden? Spielt der FC Bayern seinen Franck Ribery-Content wie z.B. ein Posting mit einem Video seiner Nummer 7 nicht nur seinen „Hardcore“-Fans der Fanpage aus, sondern auch an am Spieler interessierte User, die noch nicht Fan der FC Bayern München-Fanpage sind, erweitern sie ihre Beitragsreichweite erheblich. Durch diese Form der systematischen Zielgruppenerweiterung können die Vereine ihren hochwertigen Content über das Facebook-Targeting nutzen und ganz neue Facebook-Zielgruppen erreichen.

Fazit

Die 18 Vereine der Fußball-Bundesliga sind für erfolgreiches Social Media Marketing eigentlich bestens aufgestellt: Sie verfügen über vielfältigen, spannenden und für viele User relevanten Content. Diesen verfolgen auf Facebook derzeit 7,9 Millionen deutsche Fanpage Fans – was wiederum den Vereinen 24 Stunden am Tag und jeden Tag im Jahr ermöglicht, eine erhebliche mediale Reichweite über ihre Sponsoren zu vermarkten.

Die Fußballvereine könnten allerdings eine wesentlich größere Reichweite erreichen, würden sie die Marketingmöglichkeiten von Facebook effektiv ausnutzen. So beträgt die aktuelle Facebook Fanzahl der 18 besten deutschen Fußballclubs gerade einmal ein Drittel der möglichen Facebook Fanzahl in Deutschland. Selbst Vereine wie der FC Bayern oder der BVB könnten durch gezieltes Facebook Marketing und einer Nutzung des Facebook Targetings ihre Fanzahl in Deutschland nahezu verdoppeln. Die Vereine würden durch diese Zielgruppenerweiterung mit ihren Inhalten zahlreiche Sympathisanten erreichen, die der Fanpage ihres Vereins bisher noch nicht folgen. Diese neuen Markenkontakte sind für Sponsoren sehr attraktiv, da so eine wesentlich größere Reichweite erlangt wird. Aber auch die fokussierte Ansprache bestimmter Zielgruppensegmente mit auf diesen abgestimmten Inhalten bietet den Vereinen die Chance, neue Vermarktungs- und somit Monetarisierungsmodelle zu entwickeln. So könnte der BVB ja seinem Teamausrüster Puma als Wiedergutmachung für den Aubameyangschen Torjubel ein eigenes Content-Format wie den kreativsten Torjubel mit Puma-Mützen anbieten – und die Beiträge bei Facebook gezielt der Fan-Community von Aubameyang ausspielen 😉

Sportliche Grüße,

Unterschrift-Jens-Prüwer

 

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